Ansegeln auf dem IJsselmeer April 2022

und eine Idee

Bericht von Gabriel Rosenberg

Moin, liebe PSV-Segeln-Mitglieder. Wie in jedem Jahr wird das Segelherz spätestens ab dem Monat März von einer gewissen Sehnsucht gepackt. Davon, diese Sehnsucht am Anfang der Saison zu erfüllen, handelt der folgende Bericht. 

Drei Fragen stellen sich einem in dem Moment, wenn man selbst im Besitz eines Bootes ist (in unserem Fall eine Dehler Duetta 86 LS, Bootsname MILHOUSE, Liegeplatz in NL, Stavoren, Skips-Maritiem Binnen):

  1. Wann war nochmal der Krantermin?
  2. Was muss bis dahin noch unbedingt am Boot gemacht werden?
  3. Wer kommt mit zum Kranen und Ansegeln?

Hier meine Antworten für das Jahr 2022

Am 19.04.2022 kam der Kübel ins Wasser. Vorher standen die Standartarbeiten an Land an: Antifouling streichen, Boot säubern sowie hier und da ein paar Leinen austauschen und Elektronik nachrüsten. Außerdem stand an, neue Kabel in den Mast einzuziehen. In den alten Kabeln war der Kupferwurm zugange, so dass diese keinen Strom mehr an die Dampferlaterne und die Decksbeleuchtung weitergaben. Der Austausch war nur mäßig erfolgreich und soll an dieser Stelle nicht thematisiert werden. 

Zum Kranen und Ansegeln hat mich schließlich Karsten K. begleitet (vielen Dank dafür). Das Ansegeln soll nun auch der Schwerpunkt des Berichtes sein, es ist ja auch einer der Höhepunkte in der Segelsaison, auf den man sich den ganzen Winter über freut. Aber nicht nur das Segeln, auch die schönen oder wunderlichen Erlebnisse drumherum gehören dazu. Am Ende dieses Berichtes kommt genau dazu noch eine Idee, verbunden mit einem Aufruf. 

Vorab muss ich sagen: Unser Boot haben wir als Familie seit 2021. Davor hatten wir ein kleineres Boot, das die wachsende Zahl der Familienmitglieder nicht mehr aufnehmen konnte. Im letzten Jahr wurde das neue Boot MILHOUSE durch uns nur sehr wenig gesegelt. Deswegen sollte dann auch der Ansegeltörn 2022 ein paar Erkenntnisse bzgl. des Handlings und Verhaltens des Bootes nachliefern. 

Nachdem MILHOUSE nun erfolgreich zu Wasser gelassen wurde, stand eine kleine Probefahrt nach Warns auf dem Johan-Friso-Kanaal an. Soweit passte alles, also zurück in die Box und letzte kleine Vorbereitungen treffen.

Das Wetter

Strahlender Sonnenschein, ca. 20 Grad Celsius, Wind O-NO 4 Bft

Wir hatten vor, zunächst das IJsselmeer als Möhnesee zu benutzen. Das heißt in diesem Fall, kreuz und quer zu segeln, dadurch verschiedene Kurse und Manöver auszuprobieren und die Eigenschaften des Bootes kennenzulernen. Später sollte es dann nach Enkhuizen gehen.

Also sind wir nach dem Schleusen auf dem IJsselmeer Richtung Norden gesegelt und haben dort den neuen Windpark am Abschlussdeich bewundern dürfen. Um es positiv auszudrücken: Jetzt kann sich eigentlich niemand mehr auf dem IJsselmeer verfahren! Der Windpark ist wirklich immer (!) gut zu sehen. Außer vlt. bei dichtem Nebel, aber wer will da denn unbedingt raus?

Mit halbem Wind ging es dann Richtung Süden parallel zum „Vaarwater langs de Friese Kust“ runter nach Enkhiuzen. Die ganze Fahrt konnte sich im besten Sinne als entspanntes Segeln bezeichnen lassen: Sonne, guter Wind, gute Fahreigenschaften des Bootes, keine Vorkommnisse. Beste Bedingungen also, um mal die Funktion des halbkardanisch aufgehängten Gasherdes zu testen. Letztlich ging es nur darum, etwas Wasser für die Bockwürstchen aufzuwärmen. Auch das war zwar mit Schräglage des Bootes verbunden, aber durch die ausgleichende Art des Herdes unspektakulär. 

Mittagessen beim Segeln

Hier mein persönlicher Tipp zum Thema „Mittagessen beim Segeln“: Am ersten Segeltag ist es eine nette Sache, für das Essen während der Fahrt irgendetwas Leckeres und in Teilen warmes vorzubereiten, was nicht zu viel Aufwand bedarf (nein, Trockenobst und Erdnüsse reichen einfach nicht!). In unserem Fall waren das die besagten Bockwürstchen und der am Sonntag vor der Fahrt nach NL zubereitete und bis dahin gut gekühlte Kartoffelsalat (den habe ich natürlich nicht warm gemacht). Denn: Ist der Magen auf halb acht, dann macht auch der schönste Segeltag keine Freude. Bei der Gelegenheit lässt sich unter Deck im Zusammenhang mit der Zubereitung des Essens auch gut testen, ob der eigene Magen noch über die nötige Seefestigkeit verfügt. Daher sollte die Zubereitung der kleinen Mahlzeit am ersten Tag nur wenige Minuten veranschlagen. Es wäre ja schade, wenn ein opulent geplantes 4-Gänge Menü verdirbt, weil der Smutje (dann aber hoffentlich in Lee) über der Reling hängt. Andererseits tut ein warmes Mittagessen beim Segeln echt gut. Deswegen: Einfach und schnell muss es gehen!

In meinem Fall konnte ich bei der Arbeit unter Deck keinen Drang danach verspüren, mir mein Frühstück noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Wunderbar, hoffen wir einmal, dass das zukünftig auch so bleibt.

Enkhuizen

Um 18.00 Uhr waren wir dann im Compagnieshaven Enkhuizen. Sonst ist es dort ja so, dass man sich mit seinem Boot in einer langen Boots-Karawane Richtung Meldesteiger begibt. Auf dem Weg dorthin kenne ich es noch so, dass man sich im Vorbeifahren an einer großen, sich auf dem Steg befindlichen „Hundehütte“ durch den sich dort eingepferchten armen Menschen eine Boxennummer zurufen lässt, danach umdreht und dann die zugewiesene Box zielstrebig ansteuert. Um diese Zeit hatte die „Hundehütte“ keinen Bewohner mehr und so machten wir erst mal vorne am Meldesteiger längsseits fest. Der zufällig angetroffene Hafenmitarbeiter sagte dann, dass wir da einfach bleiben sollen und unsere Liegeplatzgebühren am nächsten Tag bezahlen dürfen. Duschen sind mittlerweile umsonst! Ein Hoch auf 50 Jahre Compagnieshaven!

Compagniehaven Enkhuizen

Wer Enkhuizen nicht kennt, dem sei an dieser Stelle ein Bummel durch die Stadt sehr ans Herz gelegt. Bei demselben stiegen wir auch gleich in dem bei vielen beliebten und bekannten „SCHIPPERSCAFE `T ANKERTJE“ ab. Lediglich „holländische Tappas“ konnten uns dort, zu Karstens Leidwesen, nicht serviert werden. Ansonsten blieben hier wenige kulinarische Wünsche unerfüllt.

An diesem Abend fiel es uns jedoch bereits auf, dass ab 20.30 Uhr die Gassen dieser Stadt wie ausgestorben erscheinen. Nur vereinzelt waren mal eine Bar oder ein Restaurant geöffnet. Sei es drum, wir schlenderten zurück zum Boot und horchten wenig später an unseren Matratzen. 

Am nächsten Morgen wurden dann auch die Formalitäten im Hafenbüro erledigt. Die frisch gebackenen Brötchen und Croissants aus dem kleinen Hafenshop waren übrigens ein großes morgendliches Highlight. Aus diesem Grunde brauchten wir die Aufbackbrötchen aus dem Discounter gar nicht erst auszupacken und aufzuwärmen. 

Nach einer ausgiebigen Deckreinigungs-Aktion zog es uns gegen 12.00 Uhr (warum so spät? – wir sind im Urlaub!) direkt wieder auf das IJsselmeer bei gleichem Wind und Wetter wie am Vortag. Ziel war diesmal Hindeloopen. Ein wenig drubbelte sich die Berufsschifffahrt vor der Ansteuerung Enkhuizen/Krabbersgatsluis, weswegen wir zunächst unter Motor und ein wenig mehr Gas bis zur Tonne KG9 fuhren und dann genug Raum hatten, die Segel hochzuziehen. Als das erledigt war, ging es ähnlich entspannt und mit ca 5-6 Knoten Fahrt wieder Richtung Norden. Diesmal nahmen wir den direkten Weg und durften uns auf eine ETA von 15.00 Uhr einstellen. 

Auch, wenn die Reise an diesem Tag ebenfalls nicht viel Aufregung bot (was ja auch nicht schlecht sein muss), kommt hier ein weiterer Tipp von mir, bzgl. der Ausweichregeln auf dem IJsselmeer: 

Bitte geht grundsätzlich davon aus, dass auf allen Booten auf dem IJsselmeer, die sich auf Kollisionskurs befinden, der Schiffsführer (ja, meist sind das leider Männer) entweder unglaublich abgelenkt oder nicht im Besitz seiner vollen geistigen Kräfte ist… wenn überhaupt jemand im Cockpit anwesend sein sollte. Man mag mir an dieser Stelle das Herumreiten auf Vorurteilen gegen die IJsselmeerskipper vorwerfen, aber leider mussten wir auch am 20.04.2022 wieder einmal einem dieser Prachtexemplare ausweichen. Gemeint sind hier keine Traditionssegler, denen ja aufgrund ihres Berufsschifferstatus in NL sowieso immer auszuweichen ist. Sollte ich alle meine Erlebnisse auf dem IJsselmeer aus den 6 wenigen Jahren in dieser Angelegenheit schildern, würde das hier den Rahmen deutlich sprengen. Deshalb nochmal:

Handelt in diesem Revier als Schiffsführerin/ Schiffsführer immer so, als ob das sich auf Kollisionskurs befindende ausweichpflichtige Boot in der wachführenden Verantwortung eines 10-jährigen Kindes steht, dessen größte Sorge es ist, dass Boot geradeaus zu steuern (kein Witz, habe ich im Jahre 2016 genau so erlebt!). 

Hindeloopen

Gegen 15.30 Uhr kamen wir schließlich ohne Kollision am Meldesteiger des Hafenbüros in Hindeloopen an (gemeint ist der Hafen an Backbord, nicht der Gemeindehafen). Die 30 Minuten Verspätung resultierten aus einem ungeschickt platzierten Wegpunkt auf dem Plotter. Meine Schuld. Jaja, die Technik… WP bei der nächsten Ansteuerung Hindeloopen: 52°57.1` N / 005°23.1`E

In dem genannten Hafen bekommt man übrigens den Weg vom Hafenbüro zu seiner Box auf einem DIN-A4-Hafenplan eingezeichnet und in die Hand gedrückt. Ich finde das immer sehr praktisch und der Umgang mit Plänen und Einzeichnungen sollte uns Seglerinnen und Seglern ja meist gelingen. Wie auch in diesem Fall. Karsten fuhr einen butterweichen Anleger, der sich den zunehmenden Seitenwind in keiner Weise anmerken ließ. 

Weil der Wind dann immer weiter zunahm, bauten wir später die neue Kuchenbude auf und die machte dann auch, was sie sollte. Nach dem Abendessen an Bord wollten wir uns dann in eine der gemütlichen Kneipen setzen, die sich an der Hafenmauer mit Blick Richtung Hafeneinfahrt aneinanderreihen. Das Problem: 20.00 Uhr – alles dicht! Also fast so, wie in Enkhuizen. Wir sind dann ins „Sailors Inn“ abgestiegen, also in die Kneipe des Yachthafens und wir steuerten auf einen der freien Tische zu. Von dem recht gereizten Kellner wurden wir dann zurückgeholt: „Bitte an der Bar warten! Ich bin heute allein und da sind zu viele Menschen,…“ Kein Ding, wir wollten sowieso nur etwas trinken. Das kann man ja auch hervorragend an der Bar erledigen.

Wir fanden dann doch die Gelegenheit, ihn zu fragen, warum im Ort alles dicht ist. Es stellte sich heraus, dass die Niederländer erst in der nächsten Zeit mit dem Beginn der Segel-Saison rechneten. Dass die Deutschen nun schon in Scharen zu Urlaubszwecken in die Niederlande einfallen, damit hatte aber offenbar niemand gerechnet. Und dieser arme Kellner, der an besagtem Abend auf eine ruhige Schicht gehofft hatte, fand sich nun inmitten einer Horde hungriger und durstiger Germanen wieder. Seine einzige Sorge an diesem Abend war wohl, dass er irgendwie sehen musste, wie er dem Chaos in seiner Yachthafen-Kneipe Herr werden könnte und hoffentlich heile wieder aus dieser Sache herauskam. 

Wir erhöhten seinen Druck nur wenig, indem wir den einen oder anderen Gin-Tonic, ein schönes Texel-Bier oder gar einen Eierlikör bestellten. Letzterer war ein Erlebnis, hatte er doch die Konsistenz eines Dr. Oetker©-Puddings. Der Löffel wurde mit dazu gereicht.

Eierlikör

Der letzte Segeltag

Der letzte Segeltag begann dann morgens mit etwas Kopfschmerzen, dem Frühstück und dem Wetterbericht auf Funkkanal 01 (immer um viertel nach): Wieder sonnig, Wind NO, diesmal jedoch mit 4-5, in Böen 6 Bft. Da wir einen Kurs mit achterlichem Wind vor uns hatten, sollte das auch mit ausgerefften Segeln möglich sein.

Dennoch versuchten wir uns nach dem Auslaufen an einem Reffmanöver, welches durchaus noch Ausbaupotential enthielt. Am Ende killte das Großsegel so sehr, dass uns eine Segellatte aus dem Segel herausflog. Das IJsselmeer verschlang diese und gab sie nicht mehr her. Trotz dieses Missgeschicks stand das Großsegel weiterhin recht gut. 

Die kurze Strecke von Hindeloopen nach Stavoren ging dann bei böigem Wind recht sportlich aber schnell vorbei. Vor Stavoren angekommen, nahmen wir die Segel runter und probierten vor dem Sandstrand das Ankern aus. Auch das ging problemlos und wir genossen das Rumdümpeln bei viel Sonne, einem warmen Mittagessen und ordentlich Wind. 

Als es dann in die Schleuse ging, mussten wir doch noch einmal reagieren: Das Boot vor uns zog eine Drachenschnur von etwa 20 Metern Länge mit am Ende befestigtem Griff (!) hinter sich her. Das Ding will natürlich niemand in der Schraube haben. Also wichen wir aus und wiesen den Bootsbesitzer freundlich auf seinen Beifang hin. Dieser war uns dann auch recht dankbar, sonst wäre seine nächste Rückwärtsfahrt wohl sicherlich keine erfreuliche geworden.

Der Kurztörn mit zwei Übernachtungen endete dann für uns in unserem Heimathafen mit vielen positiven Erkenntnissen über das Boot und den vielen schönen Eindrücken vom Wasser und dem ganzen anderen Drumherum. 

An dieser Stelle kommt nun die versprochene Idee

Wie wäre es mit einem Eigner-, Skipper-, und Freunde-Törn unseres Segel-Vereins auf dem IJsselmeer? Dieser könnte an einem Wochenende im September angesetzt werden. Es werden Bootseigner aus unserem Verein mit Liegeplatz am IJsselmeer gesucht, die noch 1-3 Personen (je nach Bootsgröße) mitnehmen können. Am Ende geht es darum, sich mit den Booten auf dem IJsselmeer zu treffen, gemeinsam als Vereins-Flottille eine Tour zu fahren und nachmittags/ abends eine gute Zeit miteinander zu haben. Hier stehen dann nicht irgendwelche Trainings im Vordergrund, sondern eher das schöne Drumherum des Segelns (also auch nicht das „Meilenfressen“). Notfalls ließe sich auch eine Yacht für eine Gruppe chartern. 

Vielleicht finden sich ja ein paar Interessenten für diese Idee? Dann meldet euch einfach kurz bei mail@psv-segeln.de.

Liebe Grüße

Gabriel Rosenberg